„No plastic please“ – Unser erstes Projekt (Gambia)
Unser Verein NAMÉL e.V. mag dem einen oder anderen aus dem Landkreis Esslingen bekannt sein als Veranstalter der Afrikatage in Nürtingen, am Fuße der Schwäbischen Alb. NAMÉL e.V. wurde 2014 auch mit dem Ehrenamtspreis der Kreissparkasse Nürtingen ausgezeichnet . Neben dem interkulturellen Austausch und die Erhaltung der afrikanischen Kultur hat NAMÉL e.V. auch zum Ziel, die Lebensbedingungen in Afrika zu verbessern. Kleine Projekte sind oft überschaubarer und transparenter, die Hilfe kommt dann direkt den Menschen vor Ort zu Gute. Im Januar 2014 wurde die Partnerorganisation „NAMÉL FOUNDATION“ in Gambia gegründet und unser erstes Projekt mit dem Namen „No plastic please“ ins Leben gerufen. Unsere entsandte Praktikantin aus Nürtingen ,Clara Rieger, berichtet hier von ihren Erfahrungen:
Gambia, ein Land, das wahrscheinlich vielen aus dem Film oder Buch über Kunta Kinte bekannt ist, ist ein wunderbares Land. Es liegt am Gambia Fluss und wird vom Senegal komplett umschlossen. Die Amtssprache ist nicht wie im Senegal Französisch, sondern Englisch. Es wird mehrheitlich von den Stämmen Mandinka und Wolof bewohnt. Dies sind auch die Hauptsprachen, allerdings gibt es auch noch viele andere Stämme mit eigenen Sprachen und Traditionen. Es kommt nicht selten vor, dass ein Einwohner neben Englisch und Französisch, diese beiden Sprachen sind ab der ersten Klasse Pflicht, auch noch vier oder fünf Stammessprachen fließend spricht. Ich versuche im Moment Wolof zu lernen, was eine ganz schöne Herausforderung darstellt, aber auch sehr gut zu verstehen gibt, weshalb so viele Afrikaner Probleme mit den Artikeln haben. Es gibt in ihren Sprachen einfach keine Geschlechter bezogene Artikel. Man sagt bi, si, gi oder sonst was auf i und diese sind den Wörtern zugeordnet, egal ob männlich, weiblich oder sonst etwas. Auch werden die Artikel hinter dem Wort gesagt. So heißt der Morgen “Suba si“. Insgesamt ist die ganze Grammatik anders als im deutschen.
Viele Dinge, die man als Europäer erwartet zu sehen, treffen nicht zu: So hat in Gambia ein Großteil der Bevölkerung ein festes Dach über dem Kopf, nicht jeder Mann hat mehr als zwei Frauen und zehn Kinder und es gibt in vielen Häusern gutes Wasser bzw. Brunnen in der Nachbarschaft. Die strenge Gläubigkeit an den Koran, das Gemeinschaftsgefühl und die heiße Sonne passen da schon eher in das Bild, das ich von Afrika hatte. Es gibt hier zwar auch Bettler, meist alte Greise oder Menschen mit Behinderung, allerdings nicht mal annährend so viele, wie ich hier erwartet hatte. Allerdings ist auch der Rest der Bevölkerung nicht reich. Viele können gerade so von ihrem Einkommen leben und ihre Kinder zur Schule schicken. Sie sind an die täglichen Strom- und, zum Glück sehr seltenen, Wasserausfälle gewöhnt und kochen wie hier üblich auf kleinen Holzöfen ihr Essen. Viele Dinge sind – wie man sich wahrscheinlich denken kann – günstig: So kostet Gemüse und Fisch nur ein Bruchteil von dem, was es in Deutschland kostet. Allerdings kosten Waren wie gute Butter, flüssige Milch und Honig fast genauso viel, wenn nicht mehr, als in Deutschland und gelten somit als Luxus.
In Gambia gibt es, wie in vielen afrikanischen Ländern, ein großes Problem mit dem Plastikmüll: Mülleimer sind nirgends zu sehen, Verpackungen und Tüten werden einfach auf den Boden geworfen und da diese oftmals aus Plastik sind, sind die Straßen von Plastik gesäumt. An zwei Samstagen im Monat ist in Gambia „Cleaningday“, was unserer Kehrwoche gleicht. An diesen Tagen darf von neun bis elf Uhr kein Fahrzeug fahren oder Geschäft öffnen und alle müssen vor ihrem Laden putzen. Der Müll, der dabei gesammelt wird, wird entweder auf einen großen Haufen gekehrt und liegen gelassen oder verbrannt.
Ich bin am 7. Januar dieses Jahres mit Fatou N’Diaye-Pangsy und Christa Reutter, zwei Mitgliedern des Vereins NAMÉL e.V. [ auf Deutsch: Sehnsucht ] nach Gambia geflogen um das Projekt „No plastic please“ zu verwirklichen. Der Verein, dessen Vorsitzende Fatou N’Diaye-Pangsy ist, wurde 2013 gegründet. Völkerverständigung, Kulturaustausch und den Kampf gegen Umweltverschmutzung hat er sich auf die Fahne geschrieben. Das Projekt „No plastic please“ beschäftigt sich mit dem Plastikmüll auf den Straßen Gambias und dem Umgang der Menschen mit Plastik. So essen viele ihr Mittagessen aus Plastiktüten und vor allem die Kinder verschlucken dabei einige Kleinteile.
Ich arbeite an zwei Orten direkt mit den Kindern zusammen. So unterrichte ich an einer Privatschule von der ersten bis sechsten Klasse die Kinder im Umgang mit Plastik: Ich zeige ihnen die Gefahren für die Umwelt auf und habe jetzt als Abschluss gemeinsam mit den Kindern einen Mülleimer aus alten Autoreifen gebaut.
Allerdings gibt es immer wieder Missverständnisse und Probleme, die auf die verschiedenen Schulsysteme, Unterrichtsweisen und nicht zuletzt unterschiedliche Rollenverständnisse zurückzuführen sind. So ist die Arbeit in der Schule nicht immer die einfachste, allerdings auch sehr lehrreich.
Meine zweite Arbeitsstelle ist die Straße, in der ich wohne. Meine Hauptaufgabe ist es, die Anwohner für die Probleme, die mit dem Plastikmüll einhergehen, zu sensiblisieren. Mit Kindern zusammen reinige ich die Straße von Plastikmüll und wir haben gemeinsam Mülleimer gebaut. Diese werden aber eher als Sitzgelegenheiten denn als Mülleimer benutzt. Es gibt allerdings einen Mülleimer in der Nähe des Shops, der von Anfang an sehr gut benutzt wird und allmählich werden auch die anderen angenommen.
Zudem haben wir gemeinsam mit einigen Erwachsenen ein Loch in einer Straße gestopft, das zur wilden Müllhalde geworden war. Nun ist die Straße wieder mit dem Auto befahrbar. In der mir noch verbleibenden Zeit werde ich noch Sitzgelegenheiten bauen und Stofftaschen mit den Kindern bemalen, die diese dann mit nach Hause nehmen dürfen.
Der Verein NAMÉL besteht in Gambia seit 2014. Er wurde dort von Fatou N’Diaye-Pangsy und ihrem Bruder Momodou Njie aufgebaut. Dieser hat sieben Jahre in Deutschland gelebt und kann mir so bei meinem Projekt sehr helfen, da er sowohl die deutsche wie auch die afrikanische Kultur und Sprache kennt. Das Netz von Kontaktpersonen des Vereins wie Bürgermeister, Schulleiter und Leiter anderer Projekte, muss erst noch aufgebaut werden – auch dies ist eine meiner Aufgaben als Praktikantin.
Ich lebe in der Familie von Momodou Njie. Bei ihr bekomme ich einen sehr guten Einblick in die afrikanische Kultur: Ich gehe auf verschiedene Zeremonien mit und helfe seiner Frau Ami Samba ab und zu beim Kochen. Da Momodou Njie und Ami Samba drei Töchter im Alter von zwei bis sieben Jahren haben, bekomme ich sehr viel von der hiesigen Art der Erziehung mit, die teilweise ganz anders ist als in Deutschland. Viele Eltern und auch Lehrer schlagen ihre Kinder, wenn sie einen Fehler machen. Diese Kinder flüchten oft zu uns ins Haus, um Schutz zu erhalten , da in meiner Gastfamilie zum Glück nicht geschlagen wird. Dadurch bin ich auch in meiner „freien“ Zeit ständig mit Kindern umgeben.
Der große Respekt, der Momodou Njie entgegengebracht wird, liegt unter anderem an seiner religiösen Einstellung. Er ist ein “Baye Fall“. Das ist eine Glaubensrichtung der Muslime aus Touba, Senegal, die dem Sufi-Orden der Mouriden dient. Diese wurde vor über hundert Jahren von Mame Cheickh Ibrahima Fall gegründet, dem Diener von Achmadou Bamba, dem Kalifen von Touba. Im Gegensatz zu den anderen Dienern studierte Mame nicht jeden Tag den Koran, sondern stellte seine Arbeit für Bamba über das Beten und Lesen des Korans und versorgte ihn mit Nahrung und Feuerholz. Die Baye Fall folgen ganz diesem Vorbild und arbeiten für den Rest der Mouriden-Gemeinde und der Gesellschaft. So unterhalten sie Waisenhäuser und Schulen oder unterstützen kleinere Dörfer, indem sie beispielsweise kleine Solarlampen installieren, wodurch zumindest ein Raum nachts beleuchtet werden kann, wo sich dann das Dorf treffen kann. Durch ihre Arbeit werden sie von der ganzen Bevölkerung akzeptiert und mit großem Respekt behandelt. Mein Gastgeber hat bei den Bay Fall eine sehr hohe Stellung inne und gilt auch als Anlaufstelle für die Bevölkerung, vor allem der Kinder.
Das Projekt “No plastic please“ ist noch weiter ausbaubar: Seine Reichweite sollte noch größer werden und die Aktionen könnten noch mehr werden.
Wer den Verein unterstützen möchte, kann dies gerne mit einer Spende tun.
Spendenkonto: Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen IBAN DE49 6115 0020 0101 9784 57
BIC ESSLDE66XX